Sioli-Preisträger 2019 (v.l.n.r.): Die Klinikseelsorgerinnen Pfarrerin Ulrike Maas-Lehwalder, Schwester Ruth Arnold sowie Sonja Hensel und Angelika Epperlein (Verein Seelenvogel) Friedrichsdorf/Schlüchtern, 7. Dezember 2019. Die Klinikseelsorge in den psychiatrischen Vitos-Kliniken und der „Verein Seelenvogel e.V.“ aus Schlüchtern sind die diesjährigen Preisträger der „Professor Emil Sioli-Ehrenmedaille“. Der Psychiatrie-Preis erinnert an den Gründer des Waldkrankenhauses Köppern und würdigt Persönlichkeiten, die sich um die Integration von psychisch kranken oder suchtmittelabhängigen Menschen verdient gemacht haben oder sich anderweitig in herausragender Weise für die Belange von psychisch Kranken einsetzen. „Der Freundeskreis Waldkrankenhaus Köppern hat den Preis 2012 ins Leben gerufen, weil das Engagement für Menschen mit psychischen Erkrankungen immer noch zu wenig Beachtung findet und nicht ausreichend gewürdigt wird. Dabei gibt es eine ganze Reihe von Persönlichkeiten, die sich für ihre Mitmenschen einsetzen, wie ein Blick auf die bisherigen Preisträger der Sioli-Ehrenmedaille zeigt“, betonte Dieter Becker bei der Preisverleihung am Samstag im Waldkrankenhaus-Festsaal. Der Freundeskreis-Vorsitzende erinnerte in seiner Laudatio an die Verdienste von Prof. Emil Sioli, der in Köppern im Jahr 1901 eine weitgehend offene Psychiatrie errichtete, aus dem später das Waldkrankenhaus hervorging. Anstatt seine Patienten – wie sonst vielfach üblich – lediglich zu „verwahren“, etablierte der Mediziner in der Filiale der Frankfurter „Anstalt auf dem Affenstein“ eine landwirtschaftlich geprägte Arbeitstherapie, was der Klinik den Beinamen „Agricole Colonie“ einbrachte. Mit seinem Behandlungskonzept zählte Sioli zu den fortschrittlichen Vertretern seiner Disziplin. „Auch unsere diesjährigen Preisträger engagieren sich mit ganzem Herzen und großer Empathie für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Sioli hätte daran seine wahre Freude gehabt“, wandte sich Becker zunächst an Schwester Ruth Arnold und Pfarrerin Ulrike Maas-Lehwalder, die den Psychiatrie-Preis stellvertretend für die hessenweit tätigen Klinikseelsorger in den psychiatrischen Vitos-Krankenhäusern überreicht bekamen. Im Waldkrankenhaus Köppern kommen die Kirchenvertreterinnen immer dann ins Spiel, wenn Patienten mit ihren Sorgen, Nöten und Ängsten Halt und Orientierung im Glauben suchen. Dieses Phänomen zeige sich nicht nur in der somatischen Medizin bei Menschen mit schweren körperlichen Erkrankungen, sondern auch in der Psychiatrie, so der Fördervereinsvorsitzende. „Krankheiten wie Depressionen, Suchtmittelabhängigkeit oder Psychosen werden von Betroffenen und Angehörigen als ebenso bedrohlich empfunden und können eine Reihe von schwerwiegenden Folgen nach sich ziehen. Diese reichen von Problemen am Arbeitsplatz über innerfamiliäre oder Partnerschaftskonflikte bis hin zu Risiken für Leib und Leben.“ Hinzu komme, dass die Betroffenen den Klinikaufenthalt häufig als belastend empfänden und in ihrem Umfeld teils sogar auf Unverständnis oder Ablehnung stießen. „Getreu dem Jesuswort ´Ich war krank und ihr habt mich besucht` nehmen sich die Klinikseelsorger dieser Menschen an und spenden Hoffnung und Zuversicht. Damit leistet die Klinikseelsorge aus der Sicht vieler Patienten einen unschätzbaren Dienst“, hieß es in der Begründung für die Verleihung der Sioli-Ehrenmedaille. Schwester Ruth hob in ihren Dankesworten die Angebote der Kirchenvertreterinnen im Waldkrankenhaus hervor, die nach dem für 2020 geplanten Teilumzug der Klinik nach Bad Homburg dann an zwei Standorten zu leisten seien. „Wir bieten den Patienten Gespräche an und nehmen uns Zeit für sie. Dabei sind wir offen für alle, also nicht ´nur` für Christen, sondern für Menschen aller Überzeugungen und Weltanschauungen“, unterstrich sie. Pfarrerin Maas-Lehwalder erinnerte mit einem Zitat aus der Bergpredigt an den Auftrag der Kirche, besonders auch für kranke und alte Menschen da zu sein. Und sie dankte den ehrenamtlichen Helferinnen der „Laienhilfe Miteinander“, die bei der Vorbereitung und Durchführung der wöchentlich stattfindenden Gottesdienste einen wertvollen Beitrag leisteten. Als weiteren Sioli-Preisträger stellte Becker den „Verein Seelenvogel“ vor, der in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Main-Kinzig-Kliniken in Schlüchtern die stationäre und teilstationäre Behandlung psychisch kranker und seelisch behinderter Menschen unterstützt. So organisieren die 59 Mitglieder des Fördervereins beispielsweise öffentlichkeitswirksame Aktivitäten, um Vorurteile und Berührungsängste gegenüber psychisch kranken Personen sowie Ängste vor psychiatrischen Einrichtungen abzubauen. „Durch dieses Engagement entstehen wertvolle Kontakte zwischen den Betroffenen, der Bevölkerung und Klinik-Mitarbeitern. Darüber hinaus stellen die Besuchsdienste der ´Seelenvögel` in den Stationen, die Förderung von Selbsthilfeinitiativen sowie gesellige Freizeitangebote eine wichtige Ergänzung in der Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen dar“, lobte er. Sonja Hensel und Angelika Epperlein vom „Verein Seelenvogel“ dankten für die Auszeichnung und berichteten in bewegenden Worten von den vielfältigen Aktivitäten ihres Vereins, der bereits seit 2005 besteht. „Unsere Patienten sind ausgesprochen dankbar dafür, dass wir ihnen unsere Zeit schenken. Und wir freuen uns jedes Mal über ihr Strahlen im Gesicht und die leuchtenden Augen“, schilderten sie voller Begeisterung. Beeindruckt vom Engagement der Preisträger zeigten sich Professor Ansgar Klimke, der ärztliche Direktor des Waldkrankenhauses Köppern, und der Friedrichsdorfer Stadtrat Johann Drexler (Grüne). Während sich der Chefarzt über die Existenz gleich zweier Fördervereine (Freundeskreis und Laienhilfe) in der Köpperner Klinik freute, sprach der Politiker all jenen Freiwilligen seine Anerkennung aus, die sich ehrenamtlich in ihrer Freizeit der Unterstützung und Hilfe ihrer Mitmenschen widmeten. Hintergrund Die „Professor Emil Sioli-Ehrenmedaille“ wurde 2012 zum ersten Mal verliehen, ihr Stifter ist der Freundeskreis Waldkrankenhaus Köppern. In Anlehnung an dessen Vereinslogo zeigt die sieben Zentimeter Durchmesser große Münze auf der Vorderseite das stilisierte Portrait von Emil Sioli und die Aufschrift „Professor Emil Sioli Ehrenmedaille“. Auf der Rückseite dominiert ein mittig angeordneter Baum mit den aufgedruckten Lebensdaten Siolis, also den Jahreszahlen 1852 (Geburtsjahr) und 1922 (Todesjahr), dazu die Aufschrift „Freundeskreis Waldkrankenhaus Köppern“. Die Ehrenmedaille wird alle zwei Jahre vergeben. Info: www.verein-seelenvogel.de · www.emil-sioli.de
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